Darf ich (immer) meine Meinung sagen? Nein!
Die Meinung anderer kann wichtig und sehr wertvoll sein. Aber wie oft kommt es vor, dass diese Meinung nichts Sinnvolles bewirkt, wir diese Meinung gar nicht brauchen? Eine Meinung kann auch eine Anmaßung sein, wenn sie nicht legitimiert ist. Wann die Äußerung einer Meinung „ok“ ist und wann nicht, wird in diesem Artikel untersucht.
Die Situation:
„Was tust Du da?“ Wie konntest Du nur?“ „Da hast Du Dich ja ganz schön blamiert.“ „Also, Ihr beide benehmt Euch wie die Kinder.“ „Das hätte ich ja nicht getan.“ „Also ich finde Deine Auto zu groß.“ „Das Kleid geht gar nicht.“ Wir kennen das alle – auf einmal werden wir mit einer Meinung über uns oder unser Verhalten konfrontiert. Das ist schmerzhaft.
Wie oft werden wir Opfer von Meinungsäußerungen, die weder qualifiziert noch hilfreich sind? Viel zu oft, wie ich finde. Wie wollen Sie sich in Zukunft in Bezug auf eigene Meinungsäußerungen verhalten? Wie wollen Sie in Zukunft mit erhaltenen Meinungsäußerungen umgehen?
Sehen wir uns das einmal genauer an:
Fall 1: Ihre Meinung ist positiv
Wenn Sie finden, dass jemand etwas gut gemacht hat oder gut aussieht, dass ist das ein Lob und ein Lob ist grundsätzlich gern gehört. Natürlich gibt es auch hier Grenzen.
Fall 2: Ihre Meinung ist negativ
- Wenn Ihre Meinung negativ, aber ausdrücklich erbeten ist, …
.. dann dürfen Sie Ihre Meinung sagen. Inwieweit es sinnvoll, hilfreich und clever ist, Ihre ganze aufrichtige Meinung zu sagen, ist von Fall zu Fall abzuwägen – Auf jeden Fall sind Sie legitimiert, Ihre Meinung zu sagen. - Wenn Ihre Meinung negativ, aber nicht angefordert ist, …
… dann sollten Sie auch den Mund halten. „Wenn Sie nichts Positives zu sagen haben, dann halten Sie die Klappe.“ lautet ein Wahlspruch. Mit nicht erbetenen negativen Meinungsäußerungen machen Sie sich keine Freunde – im Gegenteil – Sie verärgern Ihre Umwelt. Aber es gibt Ausnahmen …
Unter welchen Bedingungen man seine negative Meinung trotzdem äußern darf oder soll
- Selbstschutz
Ihre negative Meinung schützt Sie selbst. Dann sollten Sie Ihre Meinung sagen.
„Ich finde Dein Verhalten mir gegenüber falsch – lass das bitte zukünftig.“ Klare Grenzen setzen ist Pflicht. - Schutz der Familie
Innerhalb der Familie kann es sinnvoll sein, auch negative Meinungen oder Aussagen anzubringen. Wenn die Tischmanieren nicht ausreichend für ein schmerzfreies Auftreten in der Öffentlichkeit sind, das Verhalten anderen Menschen gegenüber nicht in Ordnung ist oder die geliebte Person Gefahr läuft, sich selbst zu gefährden (Rauchen, unzweckmäßige Kleidung, Umgang mit nicht geeigneten Personen, …) . - Führung
Sie haben die Verantwortung für eine Firma und müssen die Mitarbeiter steuern. Mitarbeiter sind in Prozesse und Verfahren einzuweisen und auch mit sozialen Strukturen und Regeln vertraut zu machen. Hier kann man mit Lob viel erreichen, muss aber manchmal – im Sinne aller und des Unternehmens auch härtere Tönen anschlagen. - Soziale Verantwortung (Courage)
Sie spüren eine generelle Verantwortung für die Gesellschaft oder für einzelne Menschen. Ich spreche hier das Thema Courage und soziale Verantwortung an: Kinder oder Frauen werden geschlagen, Sie werden Zeugen von Ungerechtigkeit, Sie treten für ein politisches Recht ein, etc.
Abwägen – ab wann macht es Sinn, negativ zu reden?
Es gibt auch Ausnahmen von der Ausnahme. Also auch wenn Sie eine Legitimation haben, eine negative Meinung zu äußern, macht es manchmal schlichtweg keinen Sinn. Beispielsweise, wenn Sie mit der negativen Äuperung nichts mehr ändern können. Das ist der Fall, wenn:
+ Das Glas kaputt ist.
+ Der Kaufvertrag nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
+ Das Tatoo gestochen ist.
+ Eine Entscheidung gefällt und nicht mehr revidierbar ist.
Eine Äußerung bewirkt immer etwas.
Ich bin mittlerweile vorsichtig mit eigenen Meinungsäußerungen geworden. Und werde immer vorsichtiger. Meinte ich noch vor Jahren, die Welt retten zu müssen und mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg halten zu dürfen, gehe ich mittlerweile immer mehr – wahrscheinlich immer noch nicht weit genug – in die Beobachtungsposition.
Eine Meinungsäußerung hat immer eine Wirkung. Für einen Selbst ist es manchmal wie eine Befreihung, seine Meinung loszuwerden und Luft zu machen. Aber die Luft kommt ja irgendwo an – und belästigt gerne auch mal andere.
„Auch Ratschläge sind Schläge … wenn Sie nicht erbeten wurden“ heißt ein Sprichwort. Wie wahr!
Wie können Sie mit anmaßenden Meinungen anderer umgehen?
Wenn Ihnen einmal wieder jemand seine negative Meinung aufdrängt, dann könnten Sie sagen: „Ich akzeptiere Deine Meinung, ich möchte sie dennoch nicht annehmen und ich wäre froh, wenn Du Deine Meinungen zkünftig für Dich behalten würdest.“
Aber vielleicht gelingt es Ihnen ja auch, Ihre Ohren auf Durchzug zu schalten – ich schaffe das leider noch nicht – aber … ich arbeite daran!
P.S.: Hier ist Ihre Meinung explizit erbeten!